Göttliche Souveränität überdenken

Viele Menschen in der Kirche wurden gelehrt, göttliche Souveränität sei gleichzusetzen mit alleiniger, einseitiger Kontrolle! Einige haben sogar argumentiert, wenn Gott nicht alles unter Kontrolle hat, dann muss etwas über ihn die Kontrolle haben. Wieder andere sind der Meinung, wenn Gott nicht über alles die Souveränität hat, dann hat er überhaupt keine Souveränität.

Aber warum sollten wir ein solches Verständnis von göttlicher Souveränität akzeptieren? Warum sollten wir denken, Gott höre auf, Gott zu sein, weil er entschied, etwas zu erschaffen, das er nicht bis ins Detail kontrolliert? Das Gegenteil ist der Fall. Diese Sicht scheint Gottes Allmacht stark einzuschränken! Sie reduziert den Schöpfer auf eine einzige Verhaltensweise: einseitige Kontrolle. Gott muss alles unter Kontrolle haben, um zu existieren! Warum annehmen, dies sei die erhabenste, geschweige denn die einzig denkbare Form von Souveränität?

Man könnte argumentieren, dies sei in Wirklichkeit gar keine Souveränität. Einen schwächeren Gott als denjenigen, der von Ereignissen bedroht sein könnte, die sich außerhalb seiner totalen Kontrolle abspielen, kann man sich nur schwer ausmalen. Das Bild eines Gottes, der zwingend auf einen einseitigen, deterministischen Beziehungsmodus zu seiner Schöpfung limitiert ist, ist an mangelnder Majestät kaum zu unterbieten. Macht bedeutet, wählen zu können! Wenn Gott also nicht wählen kann, eine offene Schöpfung zu erschaffen, dann ist seine Macht folglich untergraben.

Nur weil ein Wesen die angeborene Macht hat, etwas zu steuern, ist das noch lange nicht verehrungswürdig. Beispielweise habe ich die Macht, die totale Kontrolle über meinen kleinen Finger auszuüben. Ich kann mit ihm zucken. Aber niemand würde mich deswegen für verehrungswürdig halten. Jedoch tun wir genau das, wenn wir sagen, dass Gottes Souveränität verehrungswürdig ist, weil er alles kontrolliert und lenkt. Gott könnte alles steuern, wenn er wollte, es ist ja seine Schöpfung, aber das ist nicht das, was er zu tun gewählt hat.

An purer Macht gibt es per Definition nichts Verehrungswürdiges. Verehrung hat mit Charakter zu tun. An Gottes Souveränität ist nicht verehrungswürdig, dass er die Allmacht ausübt, die er offensichtlich besitzt, sondern dass er aufgrund seines Charakters, wie das ultimativ am Kreuz offenbart wurde, nicht alle ihm zur Verfügung stehende Macht ausübt.

Das größte Zeugnis von Gottes Souveränität ist die Tatsache, dass er Wesen erschaffen hat, welche die Macht haben, nein zu ihm zu sagen.

Unsere täglichen Erfahrungen bestätigen dies. Einerseits tendieren wir dazu Führungspersonen als unsicher, schwach und manipulativ anzusehen, wenn sie versuchen andere Menschen total zu kontrollieren, um sicherzustellen, dass die Dinge genauso laufen wie sie das wollen. Andererseits, bewundern wir normalerweise Führungspersonen, die andere durch den Respekt beeinflussen, den ihr Charakter verdient.

Ein wahrhaft großer Führer, der souverän über allem steht – der Gott, der uns in der Bibel gezeigt wird – ist einer, der in seinem Charakter genügend sicher ist, so dass er nicht auf Zwang zurückgreifen muss. Genau das sehen wir in der ultimativen Offenbarung Gottes am Kreuz. Wie Irenäus sagt: „Bei Gott gibt es keinen Zwang“.

Auszug aus dem Buch“ Satan und das Problem des Bösen“, Seiten 146-151
Original: http://reknew.org/2018/04/re-thinking-divine-sovereignty/

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