Der Bibeltext in Römer 9 ist einer der Haupttexte, die verwendet werden, um die Idee der Vorherbestimmung zu begründen und wurde in der Kirchengeschichte vielfältig dafür verwendet. . Dieser Text wird oft dahingehend interpretiert, dass Gott einseitig bestimmt, über wen er sich erbarmen wird und über wen er seinen Zorn ausgiessen wird. Mit anderen Worten, manche glauben, dass uns Römer 9 sagt, dass Gott das Schicksal aller Menschen vorherbestimmt hat, und dass die Entscheidung, ob du die Ewigkeit im Himmel verbringen wirst oder bei vollem Bewusstsein unendliche Qualen in der Hölle erleiden wirst, bereits getroffen wurde. Die Vertreter dieser Lehrmeinung behaupten, dass Gottes Herrlichkeit durch diese kontrastierenden Gruppen offenbart wird.
Wir glauben, dass dies eine verzerrte Interpretation von Römer 9 ist. Beim Lesen dieses Textes sollte man vier wichtige Punkte berücksichtigen. Wenn wir die Schrift betrachten, sollten wir – wie immer – als erstes bedenken, dass alles was wir lesen (egal wo es in der Bibel steht) auf das Kreuz hinweist. Wenn wir etwas lesen, das Gott anders offenbart als den gekreuzigten Christus, dann müssen wir nochmals genauer hinsehen.
Als nächstes müssen wir den Kontext der Bibelstelle kennen, bevor wir Schlüsse darüber ziehen, was sie bedeutet. Wir müssen uns fragen, warum der Autor diese Worte schreibt. Betrachtet man diesen Brief aus einem weiteren Blickwinkel, dann sehen wir, dass Paulus an die Juden schrieb, welche Jesus als Messias verwarfen. Paulus versuchte nicht uns zu lehren, wie Gott individuelle Menschen rettet oder verdammt. Interpretiert man dies in den Text hinein, mißdeuten wir den Kontext.
Ein weiteres hilfreiches Werkzeug, um einen solch heiklen Text zu interpretieren, besteht darin, die eigene Zusammenfassung des Autors zu Rate zu ziehen. Paulus fasst seine in den Versen 13 – 24 gemachten Aussagen in den Versen 30 – 32 zusammen. Und in Paulus’ eigener Zusammenfassung rückt die Frage des Glaubens ins Blickfeld. Römer 9 ist ein Text, der offenbart, dass man durch Glauben ein wahrer Israelit ist. Der Glaube ist das Wichtigste, nicht die eigene Herkunft oder die Fähigkeit jedes Gesetz einzuhalten.
Und zu guter Letzt benötigen wir ein tieferes Verständnis des Gleichnisses vom Töpfer und vom Ton, welches Paulus in diesem Text verwendet. Paulus verwendet ein Gleichnis aus Jeremia 18, 1 – 11. Die Geschichte erzählt von einem Töpfer, der ein bestimmtes Gefäß formen wollte, dabei aber feststellte, dass der Ton nicht mitmachte. Deshalb formte der Töpfer ein anderes Gefäß, im Einklang mit der Art von Ton, mit welchem er arbeitete. Die Hauptaussage liegt nicht in der Macht des Töpfers über den Ton, sondern in der Weisheit des Töpfers, der auf die Art von Ton reagiert, mit welchem er arbeitet. In diesem Gleichnis vom Töpfer und vom Ton geht es nicht darum, dass der Töpfer bestimmt, welche Art Gefäß er herstellen will. Vielmehr geht es um die Bereitschaft des Töpfers flexibel zu sein, und um seine Fähigkeit dazu aufgrund seiner großen Weisheit.
Gott lenkt uns in Einklang mit der Art Ton, zu welcher wir uns selber machen, sei es zum Besseren oder Schlechteren. Wenn wir kooperativ sind, dann arbeitet Gott mit uns, um uns für den ewigen Segen zu formen. Rebellieren wir, dann bereitet uns Gott für ein Gericht zu (aber sogar das tut er in der Hoffnung, dass wir Busse tun). Es geht darum, dass Gott immer bereit ist, sich für uns zu ändern, wenn wir nur willig sind, uns für ihn zu ändern.
Video auf YouTube ansehen (ohne Filmausschnitt):