Dein Mandat – ein geistliches „Mitspracherecht“

Im letzten Beitrag habe ich zusammengefasst, was Jesus und die Bibel über das Gebet lehrt. Für viele ist das genug. „Gott hat es gesagt, ich glaube es, damit ist die Sache für mich erledigt.“ Aber für andere, wie mich, wirft die Praxis des Bittgebets eine Reihe theologischer Fragen auf, die beantwortet werden müssen.

Das Problem ist, dass der Versuch, durch Gebet Gott zu beeinflussen und die Welt zu verändern, auf den ersten Blick keinen theologischen Sinn zu ergeben scheint. Früher hatte ich viel damit zu kämpfen. Ich habe gebetet und mich plötzlich gewundert, „Warum mache ich das?“ Ja, ich gehorchte Gott. Aber ich fragte mich, was ich erreicht hatte? Versuche ich, Gott zu überreden, etwas zu tun, was er nicht sowieso schon tun will, wie ein Kind, das seine Eltern hartnäckig bedrängt, ihm ein neues Spielzeug zu geben? Das konnte sicher nicht richtig sein. Wenn Gott das, worum ich ihn bitte, nicht bereits tun will, dann ist das, worum ich ihn bitte, eindeutig nicht das Beste, denn wenn es das wäre, dann würde der über alles gute Gott es bereits tun wollen.

Wenn ich andererseits Gott auffordere, etwas zu tun, was er bereits tun will, muss ich mich erneut fragen, was ich mit meiner Bitte erreiche. Wenn Gott etwas tun will, weil es das Beste ist, dann würde er es doch tun, egal ob ich nun bete oder nicht, denn Gott ist über alles gut und tut immer das, was am besten ist.

Ob ich nun für etwas bete, das Gott tun will oder für etwas, das er nicht tun will, es scheint, dass mein Gebet nutzlos ist. Es scheint, dass ich mich auf eine unsinnige, pro forma Aktivität einlasse.

Ich vermute, dass es solche Überlegungen sind, die viele dazu verleiten, das Cliché zu übernehmen, dass wir uns zuliebe beten und nicht wegen Gott. Angesichts der Tatsache, dass Gott all-mächtig, all-gütig und all-weise ist, können sich die Menschen einfach keinen anderen Zweck vorstellen, dem das Gebet dienen könnte.

Da dies jedoch eindeutig eine unbiblische Position ist, brauchen wir eine alternative Sichtweise, um das Gebet zu verstehen. Die Fragen, die ich versuchen werde zu beantworten, sind a) Welchen Nutzen kann das Gebet für einen all-mächtigen und all-gütigen Gott haben? Und b) Warum sollte ein all-weiser Gott sein Ziel, dass sein Wille auf Erden geschieht, so sehr davon abhängig machen, ob sein Volk mit ihm spricht oder nicht?

Meine Fragen begannen sich vor Jahren zu klären, als ich anfing, über das Gebet im Licht von Gottes Schöpfungsabsicht nachzudenken. Gott schuf die Menschen als seine Verwalter auf der Erde. Wir wurden hier wie eine Art Mandatsträger eingesetzt, um Gottes liebevolle Vorsehung „auf Erden wie im Himmel“ zu verwalten. Aus der Fülle des Lebens, die wir aus unserer Beziehung zu Gott schöpfen, sollten wir Gottes liebevollen Charakter und seine liebevollen Absichten untereinander und auch gegenüber den Tieren und der Erde widerspiegeln. Mit diesem Mandat gab er uns quasi ein „Mitspracherecht“ über diesen Bereich, mit dem Ziel, dass wir uns liebevoll dafür entscheiden würden, unser „Mitspracherecht“ mit dem seinen in Einklang zu bringen, damit sein liebevolles „Machtwort“ durch uns auf der Erde regieren würde. Wir sollten Mitarbeiter Gottes und Mitherrscher Christi sein (2 Tim 2,12; Offb 5,10; 20,6) und so sicherstellen, dass die Erde Gottes Herrschaftsbereich sein würde – das Reich Gottes.

Wir alle wissen, dass wir auf der physischen Ebene „Mitspracherecht“ haben. Unsere Ideen, Worte und körperlichen Aktivitäten wirken sich auf andere aus und beeinflussen das, was geschieht, zum Guten wie zum Schlechten. Die Lehre der Bibel über das Gebet offenbart, dass dies nicht unser einziges – oder sogar unser primäres – „Mitspracherecht“ ist. Wir haben auch ein „Mitspracherecht“, um auf Gott einzuwirken und das Geschehen auf geistlicher Ebene zu beeinflussen. Dieses „Mitspracherecht“ wird aktiviert, wenn wir mit Gott kommunizieren.

So gesehen ist es wirklich nicht schwieriger zu verstehen, warum Gott bis zu einem gewissen Grad die Ausführung seines Willens „auf der Erde wie im Himmel“ auf das Gebet stützen würde, als zu verstehen, warum Gott überhaupt etwas bis zu einem gewissen Grad von unseren Entscheidungen und unserem physischen „Mitspracherecht“ abhängig macht. Wenn Gott eine Welt will, die in der Lage ist, seine Liebe zu teilen und zu reflektieren, muss er sie mit freien Wesen bevölkern, die ihr eigenes „Mitspracherecht“ haben – und insofern muss die Verwirklichung seines „Machtwortes“ auf der Erde davon abhängen, wie wir uns frei entscheiden, unser „Mitspracherecht“ einzusetzen.
Alles an Gottes Schöpfungszweck konzentriert sich auf unsere Entscheidung, eine liebevolle Beziehung mit ihm einzugehen. In Beziehungen dreht sich alles um Kommunikation. Wir haben nur insofern eine Beziehung mit anderen, wie wir uns einander auf vielfältige Weise mitteilen. Beziehung und Kommunikation sind zwei Seiten derselben Medaille.

Wenn also das zentrale Ziel der Schöpfung, eine Beziehung zu Gott ist, die den Menschen befähigt, Gottes Verwalter auf der Erde zu sein, dann macht es Sinn, dass Gott die Welt so gestaltet, dass die Kommunikation mit ihm ein zentrales Mittel ist, mit dem wir unsere Verwaltungsaufgaben erfüllen können. Auf das Gebet zu vertrauen verletzt zwar den gesunden Menschenverstand unseres irdischen Geistes, aber wenn man die Angelegenheit im Bezug auf Gottes Plan für die Schöpfung betrachtet, macht es Sinn, dass die wichtigste Ausübung unseres „Mitspracherechts“ mit unserer Kommunikation mit Gott zusammenhängt.

Ein Vergleich, der uns helfen kann, die Kraft des Gebets zu verstehen, stammt aus der Physik. Licht wird in elektromagnetischen Wellen mit unterschiedlichen Frequenzen übertragen. Die meisten Lichtquellen (z.B. die Sonne, eine Glühbirne) senden ein breites Frequenzspektrum aus, dessen Wellen nicht miteinander synchronisiert sind.
In den frühen 1960-er Jahren entdeckten Wissenschaftler einen Weg, Lichtwellen miteinander zu synchronisieren. Sie fanden dabei heraus, dass die Kraft des Lichts verstärkt wird. Es entsteht ein Laserstrahl.

Mit solchem synchronisierten Licht, also hochenergetischen Laserstrahlen, lassen sich sogar Diamanten durchtrennen!
Nun können wir uns den Willen Gottes und den menschlichen Willen als Lichtwellen vorstellen. In dem Ausmass, in dem unser Wille nicht mit Gottes Willen synchronisiert ist, ist auch unser „Mitspracherecht“ nicht mit Gottes „Macht“ synchronisiert. Infolgedessen ist die Kraft, die zur Verfügung steht, um den Willen Gottes „auf Erden wie im Himmel“ zu beeinflussen, geschwächt. Ich wiederhole, dies liegt nicht daran, dass Gott die Macht fehlt, sondern daran, dass Gott sich entschieden hat, eine Welt zu erschaffen, in der die Ausübung seiner Macht davon abhängt, wie die Menschen ihr freies „Mitspracherecht“ nutzen. Wenn wir also nicht im Einklang mit Gott sind, gibt es viele Dinge, die Gott gerne tun würde, die aber nicht getan werden.

Wenn Menschen ihren Willen mit dem Willen Gottes synchronisieren, ist es so, als würden Lichtwellen miteinander synchronisiert, und es entsteht ein göttlicher Laserstrahl. Es gibt nun eine Kraft, die alles durchtrennt, was sich dem Willen Gottes widersetzt, und in dem Ausmass wird Gottes Wille „auf Erden wie im Himmel“ getan.

Gemäß Gottes eigenem Entwurf ist Kommunikation mit Gott ein Akt, in dem wir unseren Willen mit Gottes Willen in Einklang bringen. Durch unser Gebet erzeugen wir Laserstrahlen vom Himmel. Gottes Macht wird in der Welt auf eine Weise entfesselt, wie es sonst nicht möglich wäre.

Dies ist natürlich nur ein Vergleich. Tatsache ist, dass das Gebet beeinflusst, was Gott in der Welt tun kann und was nicht. Und deshalb hängen die Dinge wirklich davon ab, ob wir beten. Gott ist ein allmächtiger und doch gebetsabhängiger Gott!

Dies ist eine Zusammenfassung zweier Blogeinträge.

Artikel im englischen Original:
https://reknew.org/2014/07/your-spiritual-say-so/
https://reknew.org/2014/07/analogies-for-understanding-prayer/

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